13 - Melishs Trupp

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Am Tag nach seinem Abschied von Naiin betrat Liha bereits in aller Frühe den Trainingshof. Er hatte vor Aufregung schlecht geschlafen und sich schließlich entschieden, noch vor Sonnenaufgang aufzustehen. In der beißenden Kälte machte er Schwertübungen, um sich warmzuhalten, bis nach und nach seine Kollegen eintrafen. Mehr als die Hälfte von ihnen brachten Pferde mit.

Liha bestaunte die stolzen Tiere und beneidete ihre glücklichen Besitzer. Was wohl mit den ärmeren der neuen Kriegern geschehen würde? Vermutlich wurden sie den Fusstruppen zugeteilt. Er beschloss, dass ihn das nicht davon abhalten konnte, seinen Mann zu stehen und seine Rache zu finden.

Als der Waffenmeister pünktlich zum Sonnenaufgang den Hof betrat, waren bereits alle neuen Gardemitglieder anwesend und stellten sich rasch in einer ordentlichen Reihe auf. Der Offizier nickte zufrieden. Zusammen mit dem Stallmeister inspizierte er zunächst die Tiere. Sie waren damit noch nicht weit gekommen, als ein bärtiger Mann in der Uniform der Königsgarde zu ihnen trat.

Überrascht erkannte Liha Melish, den Anführer des Erkundungstrupps, mit dem er nach Pernia gereist war. Er traute sich allerdings nicht, den Krieger zu begrüßen, während sich dieser leise mit dem Waffenmeister unterhielt. Zu gern hätte Liha gewusst, was die beiden wichtiges zu bereden hatten. Nach einer Weile rieb sich der Ausbilder das Kinn und musterte die Reihe der Rekruten die immer noch geduldig in der Kälte warteten. Schließ bedeutete er Liha, vorzutreten.

Melish musterte ihn unter buschigen Brauen hervor. „Du bist also der Bogenschütze, von dem ich gehört habe?"

Liga versuchte in dem bärtigen Gesicht Melishs zu lesen, aber der Mann verzog keine Miene. Was er wohl vorhatte? Es war kaum möglich, dass er Liha nicht erkannt hatte. Der junge Mann richtete sich zu seiner vollen Größe auf. „Ich kann mit einem Bogen umgehen, ja."

„Und reiten, kannst du das auch?"

„Einigermaßen, aber ich besitze kein Pferd." Wenn er bloß wüsste, worauf Melish hinauswollte.

Dieser tauschte einen Blick mit dem Waffenmeister aus und verzog kurz den Mund. „Nun gut, das ist ein Problem, aber eines, das wir lösen können. Die Sache ist also abgemacht."

Der Waffenmeister nickte und wandte sich Liha zu. „Such dir in der Waffenkammer einen guten Bogen und ein Schwert aus. Dieser Mann wird dir sagen, was du sonst noch brauchst. Ich gratuliere, du hast soeben deine erste Beförderung erhalten."

Liha nickte, ohne wirklich zu verstehen, was gerade vor sich ging. Mit gerunzelter Stirn folgte er Melish in die Waffenkammer. Sobald sie außer Hörweite des Offiziers waren, wagte er sich, eine Frage zu stellen. „Worum geht es hier eigentlich?"

„Ich stelle einen Erkundungstrupp zusammen. Berim hat mir erzählt, du seist ein Meister mit einem Langbogen. Dort wo wir hinziehen, kann das den Unterschied zwischen Leben und Tod bedeuten, für dich, aber auch für meine Männer."

„Aber—" Melish schnitt ihm mit einer Geste das Wort ab.

„Wir können das später bereden. Hier, das scheint ein brauchbares Schwert zu sein. Ich sehe mal, ob ich auch einen Schild für einen Linkshänder finden kann. Such dir inzwischen einen Bogen aus und einen Satz passender Pfeile."

Liha nahm den Bogen aus dem Gestell, den er damals bei der Prüfung verwendet hatte. „Gut, wieviele Pfeile soll ich mitnehmen?"

„Soviel du sinnvoll tragen kannst. Und genügend Spitzen als Ersatz. Ich habe Berim gebeten, Kleider für dich zu besorgen." Er musterte Lihas ausgetretene Schuhe. „Am besten treiben wir auch noch ein paar feste Stiefel auf."

Als Melishs Truppe sich kurz vor Mittag im Hof versammelte, trug Liha ein neues Hemd, eine einfache, aber warme Hose, einen langen Mantel über einer dicken Jacke und fast neue Reitstiefel. Berim drückte ihm die Zügel der Stute in die Faust, die er von der Reise nach Penira kannte. Das Tier schnaubte in seine geöffnete Handfläche und schien genauso glücklich, die Bekanntschaft zu erneuern.

Liha & Dánirah - Der Drache und die TräumerinWhere stories live. Discover now