27 - Der König

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Obwohl er den ganzen Vormittag gekämpft hatte, fühlte Pentim sich noch nicht wirklich erschöpft. Zumindest schien sein Gegner in den rot-gelben Farben der Lellini deutlich mehr Mühe zu bekunden, sein Schwert noch zu heben. Der Mann war allerdings auch ein gutes Stück älter und sein beachtlicher Bauchumfang ließ ihn wohl rascher ermüden.

Der Nordländer holte zu einem kräftigen Schlag aus. Pentim parierte und ihre Schwerter scharrten mit einem ohrenbetäubenden Knirschen übereinander. Sofort ließ der Prinz seinen Grauen eine Finte drehen, um zu einem tödlichen Stoß auszuholen. In diesem Moment brach sein Pferd under ihm in die Knie. Ein gefiederter Schaft ragte aus seiner Brust. Pentim versuchte, sich zur Seite zu werfen, verfing sich aber am Sattel und wurde beinahe unter seinem sterbenden Tier begraben. Sein Schwert fiel außerhalb seiner Reichweite zu Boden.

Der Edelmann aus dem Norden grinste und hob das Schwert. Verzweifelt versuchte der Prinz sich zu befreien, aber er wusste bereits, dass es zu spät war. Da verwandelte sich der Triumph auf dem Gesicht seines Gegners zu ungläubigem Schreck. Sein Schwert gilt aus seinen Fingern und er krampfte seine Hände um den Schaft des Dolchs, der tief in seinem Bauch steckte.

Pentims Herz schlug immer noch bis zum Hals, als Liha neben ihm zu Boden stürzte. „Geht es dir gut?"

„Dank dir, ja. Kannst du mir helfen, mein Bein zu befreien?"

Gemeinsam gelang es ihnen, das Gewicht des toten Pferdes so zu bewegen, dass Pentim seinen Fuß darunter hervorziehen konnte.

Der Prinz stand auf und tastete sein Bein ab. Immerhin hatte er außer Prellungen keine Verletzung davongetragen. „Danke, mein Freund, das war wirklich knapp."

Liha, der gerade seinen Dolch aus dem Körper seines Opfers zog, blickte auf. „Das stimmt." Er hob das Schwert des Edelmannes auf und reichte Pentim sein eigens. „Hier. Wir sollten sehen, dass wir Melish wiederfinden, bevor wir noch mehr Probleme bekommen."

Pentim sah sich auf dem Schlachtfeld um. Jetzt gerade befanden sie sich in einer ruhigen Zone. Aber das konnte sich jeden Moment wieder ändern. In diesem Moment fiel das königliche Banner. „Liha, mein Vater."

Der junge Krieger begriff sofort. Er schwang sich auf sein Pferd und reichte Pentim eine Hand, damit er hinter ihm aufsitzen konnte. Dann trieb er das Tier an, auf das Zentrum der Schlacht und den königlichen Stand zu. Jemand hob das Banner wieder hoch, die Ränder des bestickten Stoffs nun blutig und zerrissen, aber die Sonne des Hauses Diun trotzte immer noch dem Untergang.

Erleichterung schoss durch Pentims Adern, wurde aber gleich wieder von Angst verdrängt, als der langgezogene Ton eines Horns über die Kämpfenden hallte. Liha zügelte das Pferd, um sich umzusehen. Eine Welle von dunkelhäutigen Krieger zu Fuß flutete über das Schlachtfeld auf sie zu. Pentim erkannte lange Speere und Jagdbogen. Sein Begleiter riss die Hand in die Höhe und stieß einen Freudenschrei aus.

Der Prinz runzelte die Stirn. „Was ist los?"

„Dánirah hat mir gesagt der König hätte die Ältesten der Tannarí um Hilfe gebeten. Es sieht aus, als seien sie nun angekommen."

Lachend klopfte Pentim ihm auf die Schulter. „Deine Tanna-Freundin ist soviel wert wie eine Armee."

Liha nickte. „Das ist sie. Ohne sie wären wir nicht bis hier gekommen. Lass uns jetzt zum König reiten." Er trieb das Pferd an, aber schon nach wenigen Schritten wurde es von einem Speer gestreift. Das verwundete Tier wieherte und warf seine beiden Reiter ab.

Mit einer schmerzenden Hüfte und aufgeschürften Händen stand Pentim auf und suchte nach seinem Schwert.

„Pass auf." Auf Lihas Zuruf duckte er sich unter der Klinge eines Söldners weg. Der Mann ritt weiter, und die beiden jungen Krieger liefen zu Fuß in die Richtung des königlichen Banners. Kurz darauf gesellten sich zwei Gardisten in blutigen und zerrissenen Uniformen zu ihnen. In der Sicherheit dieser kleinen Gruppe rannten sie über das Schlachtfeld, darauf bedacht, den feindlichen Reitern auszuweichen. Liha, der immer noch seinen Bogen trug, begann im Laufen Pfeile aufzusammeln und gleich wieder auf die Gegner in Reichweite abzugeben. Pentim kam nicht umhin, seine Treffsicherheit zu bewundern.

Liha & Dánirah - Der Drache und die TräumerinWhere stories live. Discover now