25 - Hilfe

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Von ihrem hochgelegenen Aussichtspunkt aus beobachtete Dánirah, wie sich die beiden Heere einander annäherten und in der Flussebene aufeinanderprallten. Die kühle Morgenluft trug keine Geräusche bis zu ihr hinauf, aber sie glaubte trotzdem, das Scheppern von Schwertern zu hören, die auf Schilde und Rüstungen schlugen. Ein bitterer Kloß bildete sich in ihrem Hals und sie wendete sich ab, um das kleine Plateau zu erkunden, auf dem sie stand. Ihre Stute graste friedlich neben einer verwitterten, überlebensgroßen Steinstele, die eine Gruppe von überwachsenen Grabhügeln markierte. Dieser Ort musste vor langer Zeit als Begräbnisstätte von Königen gedient haben.

Sie fröstelte und schlang die Arme um sich, während sie wieder vom Rand des Plateaus aus den Fortschritt von Melishs Trupp verfolgte. Weit im Westen konnte sie nun auf der Uferstraße eine Bewegung erkennen — Katim's Nachhut. Die Männer waren gut vorangekommen und hatten wohl ebenfalls einen Nachtritt hinter sich. Aber sie konnten das Schlachtfeld unmöglich vor dem Mittag erreichen. Nein, im Moment war Melishs Sturmtrupp die einzige Hoffnung auf Verstärkung für das königliche Heer, das bereits von zwei Seiten umklammert wurde und sich deutlich in Bedrängnis befand.

Die Reiter des kleinen Trupps erreichten nun eine Stelle, wo sie durch eine Bodenerhebung vor Dánirah verborgen waren. Sie konzentrierte sich deshalb auf die Schlacht, die hin und her wogte. Es war schwierig, die beiden Seiten auseinander zu halten, aber sie erkannte das Sonnenbanner des Königs an der Stelle, wo der Kampf am heftigsten tobte. Fielen die Keleni dort zurück? Nein, die Truppen des Königs stemmten sich gegen den Angriff. Alles würde sich zum Guten wenden — hoffentlich.

In diesem Moment entdeckte sie die Reiter, die sich zwischen den Hügeln auf der gegenüberliegenden Seite des Flusses sammelten. Sie strengte ihre Augen an, aber es bestand kein Zweifel. Dort traf ein weiteres Heer ein, auch wenn das unordentliche Gewusel gegen eine reguläre Armee sprach. Die Söldner würden lange vor Katims Verstärkung auf dem Schlachtfeld eintreffen. Wenn es Melish und seinen Männern nicht gelang, einen raschen Sieg zu erringen, würde wohl alles verloren sein.

„Das ist nicht richtig." Dánirah stampfte mit dem Fuß auf und wandte sich an ihre Stute, die mit den Ohren zuckte und an den trockenen Gräsern neben dem Steinmonument knabberte. „Gibt es etwas, was ich tun könnte?"

Sie querte das Plateau, um auf den größten der Grabhügel zu klettern. Eine Bewegung in dem tiefen Einschitt im Nordwesten erweckte ihre Aufmerksamkeit. Noch ein Heer? Dánirah beschattete ihre Augen.

Eine Reihe von Menschen bewegte sich dort unten entlang des Bachs Richtung Norden. Aber etwas weiter bog das enge Tal gegen Westen ab und eine steile Rippe lag zwischen den Kriegern — wenn es denn Krieger waren — und dem Schlachtfeld. Sie würden daran vorbeiziehen und weit nach Katims Nachhut ins Geschehen eingreifen können. War das gut oder schlecht?

Sie kniff die Augen zusammen, um mehr Details zu erkennen. Jetzt erreichten die Neuankömmlinge eine Stelle, wo der Pfad den gebüschumsäumten Bach querte. Eine Person kletterte auf einen sonnenbeschienenen Felsen, um die Gegend zu betrachten und winkte die anderen voran. Dánirah zog tief die Luft ein. Dunkle Kleidung — und ein dunkles Tannagesicht. Ihr Volk war eingetroffen.

Sie schlitterte den Grabhügel hinunter lief zurück zu der Stute, raffte ihren Rock zusammen und schwang sich in den Sattel. Ohne zu zögern treib sie das Tier an, über den Rand des Plateaus hinaus. Als Lai den steilen Hang betrat, stützte sie beinahe vornüber aus dem Sattel. Instinktiv warf sie ihr Gewicht nach hinten und klammerte sich mit den Beinen fest, während die Stute den felsigen Abhang hinunter stürmte.

Jeder Schritt sandte einen Ruck durch Dánirahs Körper, aber sie wagte nicht, an den Zügeln zu ziehen, aus Angst, das Pferd von dem schwierigen Weg abzulenken. Wenn sie fiel, brach sie sich bestimmt das Genick. Lai wusste aber genau was sie zu tun hatte und leistete sich keinen Fehltritt. Geschickt setzte sie ihre Hufe auf geeignete Stellen und übersprang nach einer kleinen Unendlichkeit ein Bachbett. Dánirah unterdrückte einen Schrei, aber die tapfere Stute landete sicher auf fast ebenem Grund und hielt schnaubend und mit zitternden Flanken an.

Liha & Dánirah - Der Drache und die TräumerinWhere stories live. Discover now